16 Oktober 2016

[Rezension] "Die Tage, die ich dir verspreche" von Lily Oliver

Autor: Lily Oliver
Erscheinungstermin: 1. September 2016
Seitenanzahl: 368 Seiten
Verlag: Droemer Knaur
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3426516768

Wie fühlt es sich an, das Herz eines Fremden in sich zu tragen? Dieser Frage widmet sich Lily Oliver in ihrem bewegenden Roman "Die Tage, die ich dir verspreche".
»Du hast Glück, Gwen, alles wird gut, Gwen.« Seit ihrer Herztransplantation hört Gwen nichts anderes mehr. Doch statt überschäumender Lebensfreude fühlt sie nur Schuld gegenüber dem Menschen, der für sie gestorben ist. Und so fasst sie in einer besonders verzweifelten Nacht einen ungeheuerlichen Plan: Sie will ihr neues Herz verschenken und sterben. Ihr entsprechendes Angebot in einem Internetforum liest dessen Moderator Noah, ein junger Student, der keinen großen Sinn in seinem Leben sieht. Er hält ihr Angebot für einen üblen Scherz, geht aber zum Schein darauf ein. Erst als Gwen am nächsten Tag vor ihm steht, um ihn beim Wort zu nehmen, erkennt er, wie schrecklich ernst es ihr ist. Nur mit einem gewagten Handel und einer furchtbaren Lüge kann er ihr das Versprechen abringen, ein paar weitere Tage durchzuhalten. Tage, in denen Noah alles daran setzen muss, Gwen von etwas zu überzeugen, woran er selbst kaum noch glaubt: Dass das Leben lebenswert ist.
(Cover und Inhalt Copyright by Droemer Knaur Verlag)


"Die Tage, die ich dir verspreche" beinhaltete eine unglaublich berührende Geschichte. Wir begleiten Gwen auf einem langen Weg am Abgrund entlang, um gemeinsam mit ihr die Hoffnung und Sicherheit wiederzufinden. Gwen ist nach ihrer Herztransplantation alles zu viel. Zu viele Erwartungen, jeder sagt ihr, dass alles gut wird, dass sie ein Glück hat, dabei spielen sich in Gwens Kopf ganz anderes Sachen ab. Sie ist eben nicht glücklich, fühlt sich nicht sicher und vor allem wird sie geplagt von Schuldgefühlen und Ängsten. Kurzerhand möchte sie ihr Herz einem anderen schenken, jemanden der damit glücklicher wird als sie und dieses Geschenk, diese zweite Chance würdigen kann.


Gwen fand ich sehr authentisch dargestellt, was ihre Reaktionen, Gedanken und Gefühle angeht. Man konnte ihre Schuldgefühle, ihrer Verzweiflung und die Angst spüren. Sehr schön dargestellt fand ich auch den Weg ihrer Gefühle. Noah schafft es, sie immer wieder ein bisschen von ihren Ängsten abzulenken und die echte Gwen aus ihr herauszukitzeln. Eine junge Frau, die sich für Geocaching begeistern kann und das Leben, mit all seinen Facetten liebt aber das gelingt leider nicht immer. Lily Oliver hat die Entwicklung für mich sehr gut verarbeitet. Gwen hat immer wieder Momente, in denen es ihr gut geht und man denkt, dass sie sich jeden Moment dazu entscheidet zu Leben aber dann kommen die Ängste wieder. Es ist eine Spirale aus Schuldgefühlen und genau dieses Gedankenkarusell, das Auf und Ab hat die Autorin wundervoll dargestellt.

Noah ist ein bisschen schwieriger. Nachdem Gwen vor seiner Tür steht, merkt man den Menschenfreund in ihm. Er will ihr helfen, er ist ein guter Mensch und kann es nicht ertragen, dass sie solche Gedanken quälen und sie den Selbstmord wirklich in Erwägung zieht. Er selbst steckt im Zwiespalt, seine Gefühle für Gwen werden intensiver, er will sie retten aber ihr vertrauen nicht missbrauchen. Jedoch muss er einfach mit jemandem über alles reden und somit Gwens Vertrauen missbrauchen. Noah ist selbstlos, aber wirkt verloren. Er weiß nichts mit sich und seinem Leben anzufangen. Einzig das Forum ist ihm wichtig aber das, warum wird, leider nicht geklärt. Das ist für mich die einzig offene Frage. WARUM moderiert er das Forum und warum steckt er da sein Herzblut rein?


Ein kleiner Aufheiterer ist Flecki. Die Katze von Noah ist göttlich. Eine kleine Diva, die langsam aber sicher zutrauen zu Noah und Gwen fasst und ihnen ihre Zuneigung schenkt. An sich nichts Ungewöhnliches aber die Autorin hat sie so gut dargestellt, ihre Reaktionen beschrieben, dass ich es bildlich vor Augen hatte. Göttlich!

Lily Oliver verbaut mehrere ernste Themen in ihrem Roman. Organspende, Schuldgefühle, Selbstmord, und Tod aber trotzdem, zieht dieses Buch einen selbst nicht so runter. Die Schattenseiten einer Herztransplantation hat sie sehr gut umgesetzt und Gwen sucht den Ausweg aus ihren Problemen mit Selbstmord, um ihre Gedanken und Gefühle loszuwerden. Nur durch Noah gibt es einen Lichtblick und nach und nach wird es besser. Es gibt gute und schlechte Zeiten. Ich hatte ehrlich mehr damit gerechnet, dass das Buch deprimiert, das es einen die Tränen in die Augen treibt und das Herz schwer wird, aber das war nicht der Fall. Es ist tragisch und liebenswert zugleich. Ich liebe die beiden Charaktere, habe mit ihnen zwar gelitten aber es wurde nicht zu viel und nicht so übergreifend.

Ernste Themen, wunderbare Charaktere und eine Autorin, die daraus einer atemberaubend schönen Geschichte formt. Ich konnte "Die Tage, die ich dir verspreche" nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe mit Gwen und Noah mitgelitten und die Daumen gedrückt, dass Noah erfolg hat und Gwen mit ihren Ängsten helfen kann. Ein Lesehighlight!

Wertung:

*Vielen Dank an den Droemer Knaur Verlag*

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